ein Bild des menschlichen Cannabinoidsystems
By Deposition authors: Hua, T., Vemuri, K., Nikas, P.S., Laprairie, R.B., Wu, Y., Qu, L., Pu, M., Korde, A., Shan, J., Ho, J.H., Han, G.W., Ding, K., Li, X., Liu, H., Hanson, M.A., Zhao, S., Bohn, L.M., Makriyannis, A., Stevens, R.C., Liu, Z.J.;Visualization author: Synpath - Atom coordinates: https://www.rcsb.org/structure/5XRA; Visualization: Own work, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=132708811

Das Endocannabinoid-System: Das menschliche Cannabinoidsystem

Das Endocannabinoid-System (ECS) ist ein essenzieller Teil des menschlichen Körpers, der eine wichtige Rolle bei der Regulierung zahlreicher physiologischer Prozesse spielt. Es wurde in den 1990er-Jahren entdeckt, als Wissenschaftler die Wirkung von Cannabinoiden – den aktiven Verbindungen in Cannabis – im menschlichen Körper untersuchten. Dieses System ist sowohl bei Menschen als auch bei anderen Säugetieren vorhanden.


Die Hauptbestandteile des Endocannabinoid-Systems

Das ECS besteht aus drei Hauptkomponenten:

  1. Endocannabinoide
    • Endocannabinoide sind körpereigene Moleküle, die ähnliche Eigenschaften wie Cannabinoide aus der Cannabispflanze besitzen. Zwei der bekanntesten Endocannabinoide sind:
      • Anandamid (AEA): Auch als „Molekül des Glücks“ bekannt, spielt es eine Rolle bei der Regulierung von Stimmung und Wohlbefinden.
      • 2-Arachidonoylglycerol (2-AG): Dieses Endocannabinoid ist an der Steuerung des Immunsystems und der Schmerzwahrnehmung beteiligt.
    • Endocannabinoide werden vom Körper bei Bedarf produziert und wirken kurzfristig.
  2. Rezeptoren
    Das ECS umfasst zwei Haupttypen von Rezeptoren, die in verschiedenen Geweben des Körpers vorkommen:
    • CB1-Rezeptoren:
      • Diese Rezeptoren sind hauptsächlich im zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) zu finden.
      • Sie beeinflussen Gedächtnis, Bewegungskoordination, Schmerzempfinden und Appetit.
    • CB2-Rezeptoren:
      • Diese Rezeptoren befinden sich vor allem in den Immunzellen und sind für die Regulation von Entzündungsprozessen und Immunantworten verantwortlich.
    • Endocannabinoide und pflanzliche Cannabinoide (z. B. THC und CBD) binden an diese Rezeptoren und lösen unterschiedliche Effekte aus.
  3. Enzyme
    • Enzyme sind dafür verantwortlich, die Endocannabinoide nach ihrer Wirkung abzubauen. Die wichtigsten Enzyme sind:
      • FAAH (Fatty Acid Amide Hydrolase): Baut Anandamid ab.
      • MAGL (Monoacylglycerol-Lipase): Zersetzt 2-AG.

Funktionen des Endocannabinoid-Systems

Das ECS ist in viele lebenswichtige Prozesse involviert, darunter:

  • Schmerzkontrolle: Es moduliert die Schmerzwahrnehmung und kann dazu beitragen, chronische Schmerzen zu lindern.
  • Stimmungsregulation: Das ECS beeinflusst Emotionen und hilft, Stress und Angst abzubauen.
  • Appetit und Stoffwechsel: Es spielt eine Rolle bei der Steuerung von Hunger und Energieverbrauch.
  • Immunsystem: Das ECS hilft, Entzündungen zu regulieren und das Immunsystem im Gleichgewicht zu halten.
  • Schlaf-Wach-Rhythmus: Es trägt zur Regulierung von Schlafmustern bei.
  • Neuroprotektion: Das ECS schützt das Nervensystem und unterstützt die Regeneration von Nervenzellen.

Cannabis enthält eine Vielzahl von Cannabinoiden, die unterschiedliche Wirkungen auf den Körper und Geist haben. Hier sind einige der häufigsten Cannabinoide und ihre Wirkungen:

1. Tetrahydrocannabinol (THC)

  • Wirkung: THC ist das psychoaktive Haupt-Cannabinoid in Cannabis. Es verursacht das „High“, das mit dem Konsum von Cannabis verbunden ist. THC bindet sich an CB1-Rezeptoren im Gehirn und Nervensystem, was zu einer Vielzahl von Effekten führt, darunter Euphorie, gesteigerte Kreativität, Veränderungen der Wahrnehmung und der Zeitwahrnehmung sowie eine erhöhte Entspannung.
  • Medizinische Anwendung: THC wird auch therapeutisch genutzt, z. B. zur Linderung von Schmerzen, Appetitlosigkeit (besonders bei Krebspatienten oder Menschen mit HIV/AIDS), Übelkeit (z. B. während einer Chemotherapie) und Schlafstörungen.

2. Cannabidiol (CBD)

  • Wirkung: CBD ist nicht psychoaktiv und verursacht kein „High“. Es wird oft als beruhigend und angstlösend beschrieben und hat entzündungshemmende und schmerzlindernde Eigenschaften. CBD interagiert mit verschiedenen Rezeptoren im Körper, insbesondere dem Endocannabinoid-System, aber auch mit Serotonin- und Vanilloid-Rezeptoren, was ihm eine breite Palette therapeutischer Anwendungen verleiht.
  • Medizinische Anwendung: CBD wird häufig zur Behandlung von Angstzuständen, chronischen Schmerzen, Epilepsie (besonders bei Kindern) und Schlafstörungen eingesetzt. Es hat auch neuroprotektive Eigenschaften und wird in der Forschung für die Behandlung von neurologischen Erkrankungen wie Parkinson und Alzheimer untersucht.

3. Cannabinol (CBN)

  • Wirkung: CBN ist ein Abbauprodukt von THC, das entsteht, wenn THC altert oder oxidiert. Es hat milde psychoaktive Eigenschaften, die jedoch deutlich schwächer sind als die von THC. CBN wird oft als beruhigend und schlaffördernd beschrieben.
  • Medizinische Anwendung: CBN wird in der Schmerz- und Schlafbehandlung erforscht und hat entzündungshemmende sowie appetitanregende Eigenschaften. Es könnte auch eine Rolle bei der Behandlung von Angstzuständen und Stress spielen.

4. Cannabigerol (CBG)

  • Wirkung: CBG ist ein nicht-psychoaktives Cannabinoid und gilt als „Elternmolekül“ für viele andere Cannabinoide, da es der Ausgangspunkt für die Synthese von THC und CBD ist. CBG hat eine breite Wirkung auf das Endocannabinoid-System und wird als entzündungshemmend, schmerzlindernd und neuroprotektiv beschrieben.
  • Medizinische Anwendung: CBG wird zur Behandlung von Glaukom (erhöhter Augeninnendruck), entzündlichen Erkrankungen wie entzündlichen Darmerkrankungen (z. B. Morbus Crohn), und sogar Krebsforschung untersucht, da es das Wachstum von Tumoren hemmen könnte.

5. Cannabichromen (CBC)

  • Wirkung: CBC ist ein weiteres nicht-psychoaktives Cannabinoid, das entzündungshemmende, schmerzlindernde und antimikrobielle Eigenschaften besitzt. Es hat ebenfalls eine Wirkung auf die Schmerzwahrnehmung und das Entzündungsgeschehen im Körper.
  • Medizinische Anwendung: CBC könnte potenziell bei der Behandlung von Entzündungen, Akne, und anderen Hauterkrankungen sowie bei der Förderung der Gehirngesundheit eine Rolle spielen, indem es das Wachstum von Gehirnzellen unterstützt.

6. Tetrahydrocannabivarin (THCV)

  • Wirkung: THCV hat ähnliche Eigenschaften wie THC, jedoch in geringerem Maße. Es ist psychoaktiv, jedoch ist der Effekt weniger stark ausgeprägt. THCV könnte in niedrigen Dosen appetithemmend wirken, was es zu einem vielversprechenden Kandidaten für Gewichtsmanagement macht. Es kann auch helfen, Ängste zu reduzieren und eine stimulierende Wirkung auf den Energiehaushalt zu haben.
  • Medizinische Anwendung: THCV wird bei der Behandlung von Diabetes und Gewichtsproblemen erforscht und könnte auch bei der Behandlung von Angstzuständen und PTSD nützlich sein.

7. Cannabidivarin (CBDV)

  • Wirkung: CBDV ist ähnlich wie CBD und weist ebenfalls keine psychoaktiven Eigenschaften auf. Es hat entzündungshemmende und krampflösende Wirkungen und wird besonders in der Behandlung von Epilepsie und Krampfanfällen untersucht.
  • Medizinische Anwendung: CBDV wird in der Forschung für die Behandlung von Epilepsie, besonders bei Kindern mit bestimmten Formen von Epilepsie wie dem Dravet-Syndrom, eingesetzt.

8. Delta-8-THC

  • Wirkung: Delta-8-THC ist ein Isomer von Delta-9-THC (dem standardmäßigen THC in Cannabis), jedoch mit leichteren psychoaktiven Wirkungen. Es erzeugt weniger intensive Halluzinationen und sorgt für eine weniger überwältigende Erfahrung als Delta-9-THC.
  • Medizinische Anwendung: Delta-8-THC hat ähnliche therapeutische Anwendungen wie Delta-9-THC, aber mit einem milderen psychotropen Effekt. Es wird für die Schmerzlinderung und bei Übelkeit eingesetzt und könnte als weniger angstfördernd empfunden werden.

9. Cannabielsoin (CBE)

  • Wirkung: CBE ist ein weiteres Cannabinoid, das als vielversprechend für die Behandlung von Schlafstörungen und Angstzuständen gilt. Es ist noch nicht so gut erforscht wie andere Cannabinoide, doch erste Studien deuten darauf hin, dass es beruhigend wirken könnte.
  • Medizinische Anwendung: CBE könnte eine Rolle bei der Behandlung von Angstzuständen und Schlaflosigkeit spielen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Cannabis eine Vielzahl von Cannabinoiden enthält, die jeweils unterschiedliche therapeutische Eigenschaften besitzen. Einige sind stark psychoaktiv (wie THC), während andere wie CBD und CBG weniger oder keine psychoaktive Wirkung haben, aber dennoch zahlreiche medizinische Vorteile bieten. Die Forschung zu diesen Cannabinoiden ist noch immer in vollem Gange, da ihre Anwendungen und Wirkungen weiterhin intensiv untersucht werden.